herzschwul

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Typus D: herzschwul
(Die verwendeten Namen sind natürlich Pseudonyme)

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Identitätskonzept

Der Herzschwule erhielt seinen Namen, weil er seinen Gefühlen stark vertraut und im Zweifelsfall eher im Einklang mit seinen Empfindungen entscheidet. Natürlich leidet auch der Herzschwule unter seinen ersten homosexuellen Gefühlen und Erlebnissen, da sie die sozial vorgezeichnete heterosexuelle Rolle in Frage stellen. Der Einsicht folgend, dass sich die eigenen Gefühle auf Dauer weder unterdrücken noch verbergen lassen, hat sich der Herzschwule dazu durchgerungen, schwul leben und sich dazu bekennen zu wollen. Diese anfänglich schwierige Phase des Sich-selbst-Vergewisserns illustriert der folgende Bericht recht eindrucksvoll:

Ronald, 27 J., Industrie-Designer: Anfangs war mir gar nicht bewusst, dass etwas anders oder faul sein könnte, bis die dann alle anfingen, na, haste ‘ne Freundin,: immer dieses ‚din‘ hintendran. Das hat mich irritiert. Ich hab wohl auch schon bösartige Witze gehört über Schwule. Da wusste ich nicht genau, um was es geht, aber es hat mich doch schon irgendwie berührt. Obwohl ich nicht wusste, was das mit mir zu tun hat, hat das irgendwie gewirkt. Ich hab’ dann gemerkt, dass ich stiller war als sonst und irgendwie auch hingehorcht hab’. Und so peu à peu hab ich dann die verschiedenen Strippen zusammengebracht und irgendwie gemerkt, das hängt zusammen und okay, ich selbst bin halt schwul. Wie ich das dann für mich selbst raus hatte und auch vor mir selber zugeben konnte, stellte sich die Frage, was tun? Das war zuerst eine üble Phase. Ich habe mich nur verkrochen, mir war überhaupt nicht klar, wie das gehen sollte, wie ich überhaupt als Schwuler und damit auch als so etwas wie ein Aussätziger leben sollte.

(...)

Intime Handlungsorientierungen

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Die Flexibilität, die der Herzschwule bei der Informationskontrolle dokumentiert, manifestiert sich auch in seinen intimen Handlungsorientierungen. Leitbilder und Ideale werden relativiert und zu individuellen Handlungsrichtlinien ummodelliert. Somit akzeptiert der Herzschwule Teile des Romantischen Liebesideals, da er den Wunsch nach sexueller Befriedigung häufig an eine Liebeserwartung koppelt. Innerhalb dieser Liebesbeziehung sollten Sexualität und Liebe eine Einheit bilden:

Ralph, 26 J., Verkäufer: Mein Freund macht leider diese Trennung zwischen Liebe und Sexualität. Diese Unterscheidung zu machen fällt mir verdammt schwer. Dieses Rumgebumse hat für mich nichts Zwischenmenschliches. Da benutze ich ja nur jemanden zu meinem Vergnügen. Da schätze ich ja nichts mehr an dem Menschen, der ist dann für mich nur noch Loch.

Lars, 23 J., Student: Es ist nicht so, dass ich gleich mit jemandem am selben Abend, an dem ich ihn kennen gelernt habe, ins Bett gehe. Ich habe auch keine Schwierigkeit, jemandem dann ‚nein‘ zu sagen. Wenn der dann zurücksteckt, dann sucht er eigentlich nur etwas, um sich abzureagieren. Dann war ich als Mensch nicht interessant, noch nicht einmal als Körper. Da leg ich dann keinen Wert drauf.

Kurt, 43 J., Krankenpfleger: Viele schwule Männer sind mir zu oberflächlich. Die wollen mich nur einmal nackig sehen und einmal mit mir schlafen, um zu sehen, wie das ist. Das ist wie Pornoheftchen blättern, immer wieder was Neues. Das will ich nicht. Dazu bin ich mir zu schade.

Die Liebeserwartung des Herzschwulen findet in der emotionalen Zugewandtheit zu seinem Partner ihren Ausdruck. Das bedeutet, dass für den Herzschwulen der jeweilige Partner zum wichtigsten Bezugspunkt aufrückt. Intime Partnerschaften sollen somit emotional geschlossen strukturiert sein, wie die folgenden Beschreibungen verdeutlichen:

Raymond, 29 J., Arzt: Ich bin halt jemand, der sich nur auf einen Menschen konzentrieren kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es innerhalb einer Beziehung noch jemanden anderes geben kann.

Robert, 29 J., Altenpfleger: Es muss schon eine engere Zweierbeziehung sein. Auf jeden Fall sollte man füreinander die wichtigste Person sein. Also, ich könnte mich schlecht auf eine Beziehung einstellen, bei der zwei Leute gleich wichtig für mich wären.

(...)

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